Warum ich gerne »Menschen« töte… ! … ?

Die meisten hören beim Lesen der Überschrift hoffentlich nicht schon beim Ausrufezeichen auf… denn [um direkt schon ’ne Antwort zu geben]: Ich weiß es nicht.

Es sind ja auch keine echten Menschen. Aus Fleisch und Blut. Nein, diese [tja, mittlerweile] unzähligen Opfer meines Zeigefingers sind nicht real. Sie sind virtuell. Aus Pixeln. Ich kann zwischen Pixel- und Fleisch-und-Blut-Menschen unterscheiden. Ernsthaft.

Ja, ich hatte schon einige Male ein Luftgewehr in der Hand. Sogar als ich noch minderjährig war. Geschossen hab’ ich damit übrigens auch: auf Dosen o. ä. Nicht auf Menschen.

Messer hatte ich auch schon unzählige Male in der Hand. Auch solche, mit denen man sich nicht nur ’ne kleine Schnittwunde am Finger zufügen kann. Auch solche, mit denen man – vorausgesetzt man hat es satt – seinem Leben wunderbar ein Ende setzen könnte. Auch solche, mit denen – vorausgesetzt der Hass auf diese Person ist nahezu grenzenlos – dem Leben einer anderen Person ein Ende setzen könnte. »Wie« ist, in beiden Fällen, jetzt der morbiden Fantasie eines jeden selbst überlassen.

In meinem Leben lief bereits – trotz, dass ich erst kurz vor meinem 21. Geburtstag stehe – schon einiges [mehr oder minder] schief. Ich durfte zum Beispiel eine Klassenstufe wiederholen. Oder besser: musste, weil ich fauler Sack es einfach nicht gepackt habe, meinen noch fauleren Arsch hochzukriegen. Meine Schuld. Paid my dues.
Ich bin Scheidungskind.
Hab’ drei gescheiterte Beziehungen hinter mir. Okay, ich bin fast 21 – ich hab’ noch so gut wie mein ganzes Leben vor mir. Aber hey, leicht zu verkraften ist so was – auch bei mglw. weniger »ernsten« Beziehungen – nicht für jeden. Viele sehen auch nicht das Gute für die Zukunft [Stichwort: aus Fehlern lernen]. Dass sie es beim nächsten Menschen, für den sie so etwas wie Liebe empfinden könnten, anders machen könn[t]en/dürfen/sollten/…, damit beide glücklich sind/werden.

Für manche Menschen wäre schon einer diese Gründe Grund genug etwas, in irgendeiner Form, »Dummes«, Non-konformes zu tun. Selbstmord. Mord. Amoklauf. Oder auch etwas weniger Schlimmes.
Dass ich bei gleich drei Gründen noch immer unter uns weile bzw. andere Menschen, die ich im schlimmsten Fall nun gekannt hätte, dies tun, hat den einfachen Grund, dass es mir dazu noch nicht mies genug ging/geht. Ich darf in deutschland – einem Land, in dem der Lebensstandard mehr als hoch liegt – leben. Hab’ ne nette kleine Wohnung, muss nicht auf der Straße leben [mal davon ab, dass das keiner muss, aber das ist eine andere Geschichte…]. Darf studieren. Sogar das, was ich wirklich will. Das hätte beinahe anders ausgesehen – dann wären’s mglw. vier Gründe.

Ich war allerdings nicht beim Bund. Habe also keine irgendwie geartete Ausbildung an und/oder Erfahrung mit anderen als den oben genannten »Waffen«. Ich hab’ mich lieber neun Monate lang mit Gleichgesinnten in einem Heim für psychisch und geistig Kranke aufgehalten. Hey, wer aus den genannten Umständen ganz ohne irgendwie gearteten Knacks hervorgegangen ist, hat meinen vollsten Respekt! Dass das alles mein Verhalten – auch, wie auch immer, negativ – geprägt hat, sollte ja klar sein. Dass ich nicht wirklich als psychisch krank gelten dürfte, ebenso.

Keine Waffenerfahrung. Irgendwie vom Leben enttäuscht – oder zumindest mit weniger Glück bedacht. Leidenschaftlicher Computerspielespieler. Kriegsdienstverweigerer [oder more political correct: Wehrersatzdienstleistender]. Ein Mensch, der nicht mal seinem eigenen Leben ein Ende setzen könnte. Kein Kinderschänder. Kein Vergewaltiger.

Ah, halt: Auf die Ebene eines Kinderschänders bzw. -pornografiebesitzers soll ich ja gesetzt werden. – Weil ich Computerspiele spiele. Ja, gerne auch »ab 16« oder »ab 18« freigegebene – verbindlich. – Mit der Änderung des StGB-Paragrafen 131 bzw. dessen, dann, Zusatz 131a. Zwar ist nicht die direkte Gleichsetzung mit diesen verabscheuungswürdigen Ausgeburten unserer teils wahrlich kranken Gesellschaft gemeint. Aber wieso bitte soll ich für den Besitz einer DVD mit für mein Alter freigegebenem Material, für dessen Herstellung keine Menschen gedemütigt, gezwungen oder wasauchimmer wurden, genauso hart bestraft werden wie jemand, der es offenbar genießt, wenn andere Menschen in ihrer Würde herabgesetzt werden und davon mglw. ein lebenslanges Trauma davon tragen?

Weil wir zwar ’nen Jugendschutz haben – den bzw. einen der weltweit am ausgereiftesten [theoretisch] wohlgemerkt –, der aber auch durch eine Verschärfung nicht weniger oft umgangen werden kann? Reality check, please.

Ich bin keineswegs dafür, dass der Jugendschutz nicht eingehalten wird. Nein, die Einhaltung ist notwendig. Wahrhaft. Denn anders als 18-Jährige es können sollten, können 12-Jährige mglw. nicht so klar zwischen Fiktion und Realität unterscheiden. Weshalb auch kein Max Payne, Doom [III], Manhunt oder Ähnliches etwas in ihrer Reichweite zu suchen hat. Solche Spiele sind aber nicht umsonst [auch in anderen Ländern] »ab 18« freigegeben [über die Farce bzgl. des Verbots von letzterem schweige ich mich mal galant aus].

Wieso soll ich als erwachsener Spieler nun aber kriminalisiert werden? Nur weil mein Hobby »abnormal« ist? Das waren Comics, Rockmusik und Tonfilm auch irgendwann mal.
Und alle drei werden mittlerweile als Kunst betrachtet [oder teilweise wenigstens annähernd]. Bei letzterem gibt es sogar ebenfalls eine Alterskennzeichnung. Wie leicht die noch immer umgangen wird, lockt heute keine Katze mehr hinter’m Ofen hervor. Dass es sich hier aber nicht anders verhält als bei Computerspielen, wird irgendwie ausgeblendet.

Können wir uns bitte vom Standpunkt »Computerspiele = Kinderspielzeug«, nur weil das Wort »Spiel« Bestandteil dessen ist, lösen? Es gibt in der Tat Spiele mit nicht für Jugendliche oder gar Kinder geeigneten Inhalten. Die haben ein rotes Logo. Wer solche Spiele an Minderjährige verkauft, macht sich auch jetzt schon strafbar. Was also noch? 24-Stunden-am-Tag-Überwachung überall? Entmündigte Bürger? Big Brother for real?

Nein, Danke.

Der Reiz an diesen Spielen ist auch deshalb vorhanden, weil sie eben »[noch] nicht erreichbar« oder »verboten« sind. Das sind nackte Frauen jedweder Form für 10-Jährige auch. Oder Waffen. Dennoch: Verdammt interessant. Faszinierend.

Wie oft haben wir im Kindergarten und der Grundschule [in der Pause] wohl Cowboy & Indianer o. ä. gespielt? Verdammt oft. Warum? Weil’s, warum auch immer, »interessant« war. Oder »faszinierend«. Waffen waren für uns kleine Wichte damals unnahbar. Ergo interessant. Nichts anderes ist es im höheren Alter/heute [k/A in wie fern Kinder heute noch C&I o. ä. ernsthaft als Spiel in Erwägung ziehen]: Der Umgang mit Waffen wird transferiert – von unserer Hand, derren Zeige- und Mittelfinger ausgestreckt, Ring- und kleiner Finger angewinkelt sind, und unserem Mund, der ein leises oder lautes »Peng!« verlauten lässt, auf Computerspiele.

Hat sich damals eigentlich wer gefragt, ob es moralisch vertretbar ist, dass wir Tötungen nachspielen/simulieren? Immerhin wussten wir ja, dass es nicht echt passiert. Wohl aber mit einer echten Waffe passieren kann, nein, sogar würde. [Dank unserer Eltern, die ihren Pflichten nachgekommen sind und uns das erklärt haben.] Wir haben keinesfalls für unseren zukünftigen Bundeswehreinsatz trainiert.

Genauso wenig trainieren wird das am PC.

Computerspiele faszinieren ebenfalls. Anders als die genannten Kinderspiele, weil man idR weniger Fantasie braucht und/oder mehr vorgelegt bekommt. Anders, weil man hier – im Kontrast zum wahren Leben – so oft nochmal laden kann, bis es endlich so sitzt, dass wir damit zufrieden sind. Wir spielen solche Spiele, in denen Tötungen von »Menschen« oder »menschen-ähnlichen Wesen« dargestellt oder angedeutet werden, weil wir das schon früher – auf einer anderen Ebene – getan haben. Gewohnheiten lassen sich nun mal selten einfach abschalten. Das Thema ist das selbe: Wir sind der Held. Oder wenigstens wer anders als ein kleiner Angestellter/Wicht unter tausenden.

Dass dabei eben auch »Spiele für Erwachsene« entstehen, ist doch nur logisch. Wie viele Filme haben Plots und Settings, die man Kindern nicht ohne Bedenken zeigen würde [Rollerball fällt mir hier ein, weil ich ihn erst vor kurzem im TV gesehen habe]. Filme sind Spiegel der Gesellschaft in der sie entstanden/-stehen. Wie zuvor auch Romane/Geschichten und Kunst in Form von Musik oder Bildern. Letztere sind teils nicht weniger blutig als der schönste [meint: blutigste] Splatter Movie. Werden aber als »nicht verwerflich« anerkannt…?!

Wieso darf man nun also keinen Schritt weiter gehen und der Gesellschaft den Spiegel in Form von Computerspielen vorhalten? Weil es interaktiv ist? Weil man etwas mglw. Verwerfliches nachspielt? Dies aber nicht real passiert, sondern nur ein fiktives Szenario darstellt? Der einzige Unterschied zum Film ist doch die Interaktivität.

Beides kann man konsumieren, ohne darüber nachzudenken. Und ja, leider vermitteln viele Spiele noch keine echte Nachricht, regen nicht unmittelbar zum Darüber-Nachdenken an. Aber ebenso viele Filme. Einigen Spielen – und ja, darunter auch dem beschlagnahmten Manhunt – wird aber Unrecht getan, wenn sie nur auf ihre Gewalthaltigkeit reduziert werden.

Manhunt hat den Boom der Reality-TV-Shows à la Big Brother weiter gesponnen. Auf eine sehr dystopische Weise, zu einer Gesellschaft, in der ein Menschenleben nicht mehr viel zählt und »Unterhaltung« aus dem Genuss sich, wahrlich, regelrecht abschlachtender Menschen besteht… Übermittelt dabei aber, dass es so nicht sein sollte.

Aber auch abseits von »Erwachsenenspielen« gibt es genug Spiele, in denen Menschen[-ähnliche Wesen] getötet werden müssen, um das Spielziel oder eine höhere Punktzahl zu erreichen. Warum? Es ist nur eine Widerspiegelung des Wettbewerb, dem wir in unserem alltäglichen Leben ausgesetzt sind. Einerseits. Andererseits, wie schon oben genannt, gehört Töten nun einmal von Kindesbeinen an zu unserem Leben wie es scheint. Was man aber nicht durch das Verbot von »Killerspielen« [Ha! Jetzt ist das böse K-Wort gefallen!] ändern können wird. Wenn man es denn überhaupt wöllte – und nicht nur schnell ein paar politische Pluspunkte sammeln muss, weil man sonst eh nix mehr [vernünftig] auf die Reihe bekommt. Das Problem liegt, wie so oft schon von anderen gesagt, nicht in den Spielen, sondern tiefer. Wohl einfach in uns als Homo sapiens [lateinisch für »weise«].

4 thoughts on “Warum ich gerne »Menschen« töte… ! … ?

  1. Jessy

    Wow, krasser Artikel *thumbs up*
    Eines der größten Probleme bei dieser ganzen Debatte ist meiner Meinung nach die Tatsache, dass gerade die Leute (Politiker etc.), die am lautesten nach Verboten schreien, am allerwenigsten über das Bescheid wissen, was sie da eigentlich verteufeln. Quasi das “The Internet is a Series of Tubes”-Phänomen.
    Bei EinsLive gab’s letztens ein mehr als aussagekräftiges Interview zu genau diesem Aspekt.
    Yama hat mir davon erzählt und da mir gerade ein YouTube-Link in die Hände gefallen ist, werde ich dem nachher mal einen eigenen Eintrag widmen.

  2. Robin

    Meine Güte im Ernst du hast sowas von Recht. Ich denke nähmlich(nämlich?wie auch immer) das ein Computer-Spiel eben doch nur ein Computer-spiel ist. Und Spiele zu verbieten, nur weil einige Amok-laufen, finde ich nicht sehr sinnvoll. Selbstverständlich ist das ein wichtiges Thema und man sollte einem 12-jährigen auch nicht Fear, oder Doom 3 in die Hand drücken, selbstverständlich , doch was ist mit den Jugendlichen(ich bin fast 16) , die einen sehr großen Drang zur Realität haben, denn Spiele , welche eine solche Brutalität und Aggressivität ausstrahlen, sind doch auch schon wieder etwas zum Lächeln, denn wenn ein riesiges , undefinierbares “Ding” auf mich zu rennt, wie ein Mädchen am Spieß kreischt und ich schieße mit einer beliebigen Waffe rauf und es zerspringt in tausend Teile, so finde ich das ehrlich schon sehr amüsant. Abgesehen davon kann mir ein Spiel ab 12 Jahren(mir fällt jetzt keines ein) nicht wirklich die Aufregung und den “Adrenalin-kick geben, den ich eigentlich erwarte. Für viele(ich zähle mich auch dazu und bin ehrlich gesagt sehr stolz darauf) ist das sogenannte ” Zocken ” doch schon eher ein Hobby geworden. Das bedeutet nicht, das ich mich weniger mit Freunden verabrede oder mich seltener bewege. Das bedeutet nur , das manche gerne Angeln, manche gerne Karten spielen wie SKAT und ich eben gerne zocke. 2. Beispiel: Eine Familie, 4 Personen setzen sich vor den Fernseher und jeder seine Süßigkeiten in der Hand und gucken nen Film. Ich mach dafür am Wochenende eben lieber ein paar Zombies platt oder mache nen Run durch irgendeine beliebige Inze in WoW. Nun aber wieder zum richtigen Thema und hoffentlich mein letzter Satz(bin ja ein bisschen abgewischen) Wenn man wirklich so auf die Altersbeschränkung achtet, müssten sämtliche Nachrichten-sendungen auch Altersbeschränkt werden, denn man hört es doch ständig: 12 Soldaten wurden in….keineahnungwoistmiregal brutal ermordet. Sie wurden während einer Patrouille(???) mit Handfeuerwaffen angeschossen, von Messern niedergestochen oder anderes und wenn man sowas als kleiner Junge hört, während man grad mit dem großen , roten Auto spielt, is das doch im Grunde so ziemlich das selbe oder nicht? Wer noch weiter Lust hat zu diskutieren
    Skype:harakiri35

  3. bananaman

    ich wage zu sagen: GENIAL!
    druckreif für den Spiegel/Stern/oder was es da noch für andere einschlägig bekannte “magazine” gibt…….
    du solltest echt versuchen das irgendwo groß zu veröffentlichen, und zwar genau so!
    weiter so…

Comments are closed.